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Prof. Dr. Ulrich Tödtmann über Existenzgründungen und das passende Unternehmenskonzept
Auf große Resonanz stieß der Vortrag von Prof. Dr. Ulrich Tödtmann zum Thema „Existenzgründungen“ bei den Teilnehmern des „Unternehmerdialogs“, zu dem die Wirtschaftsjunioren Bonn eingeladen hatten. Der Experte für Arbeits- und Gesellschaftsrecht zeigte auf, dass eine akademische Existenzgründung den Grundstein für eine erfolgreiche berufliche Zukunft legen kann.
Rege diskutiert wurde u. a. die Frage: Neugründung oder Übernahme? Dabei stellte der praxiserfahrene Rechtanwalt sowohl die Vor- als auch die Nachteile heraus, die sich aus der Gründung eines neuen Unternehmens bzw. aus der Übernahme eines bestehenden Unternehmens oder der Beteiligung an einem bestehenden Unternehmen ergeben können. Zudem informierte er über die verschiedenen Rechtsformen, machte aber deutlich, dass es die optimale Rechtsform nicht gibt.
Vor- und Nachteile von Neugründung und Übernahme
Der Vorteil einer Neugründung besteht darin, dass der Jungunternehmer das Geschäft von Anfang an nach seinen eigenen Vorstellungen planen, einrichten und ausrichten kann. Der Nachteil liegt in der Ungewissheit über den künftigen Erfolg des Unternehmens, weil alle Berechnungen und Einkommenserwartungen letztlich nur auf Schätzungen beruhen.
Bei Übernahme oder Beteiligung an einem laufenden Geschäft liegen aussagekräftige Zahlen in Form von Buchhaltungsunterlagen, Bilanzen und Steuererklärungen bereits vor. Das Unternehmen ist schon auf dem Markt tätig, Maschinen, Betriebs- und Geschäftseinrichtungen sowie Mitarbeiter können übernommen werden. Der Nachteil: Die Umstrukturierung des laufenden Unternehmens und die Anpassung an die eigenen Vorstellungen sind meist aufwendig und schwierig.
Franchising und Outsourcing als Alternativen
Als besondere Form der Unternehmensneugründung führte Prof. Dr. Ulrich Tödtmann das Modell Franchising an: Der Franchisegeber überlässt seinem Partner ein erprobtes und Erfolg versprechendes System zur Nutzung in einem regional abgegrenzten Gebiet. Derartige Systeme werden z. B. von Mc Donalds oder Volkswagen angeboten. Der Vorteil liegt darin, dass das System bereits eingeführt ist und die Startkosten sowie das Risiko niedrig liegen. Dafür muss Franchisenehmer strenge Standardvorgaben befolgen.
Als weitere Alternative zur Existenzgründung nannte der Rechtsanwalt das Outsourcing: Mitarbeiter übernehmen bestimmte ausgegliederte Teile in eigener Regie und Verantwortung als neues, eigenes Unternehmen. Diese Form der „Ausgründung“ findet sich u. a. im Dienstleistungssektor, bei Speditionen oder im Versand. Der beim Outsourcing ist, dass Unternehmen, Kunden, Produkte und Arbeitsabläufe bereits bekannt sind. Der Nachteil: Es besteht eine gesetzliche Pflicht zur Weiterzahlung bisheriger (hoher) Löhne.
Personen- oder Kapitalgesellschaft?
Welche Rechtsform soll ein Existenzgründer für sein Unternehmen wählen? Auf diese Frage antwortete Prof. Dr. Tödtmann klar und deutlich: „Die optimale Rechtsform für alle Fälle gibt es nicht. Letztlich hängt die Wahl von den Umständen des Einzelfalls ab. Außerdem ist es vielfach sinnvoll, im Laufe der Zeit die Rechtsform der Unternehmensentwicklung entsprechend anzupassen.“
Grundsätzlich gilt, dass das persönliche Haftungsrisiko für den Unternehmer bei Kapitalgesellschaften (GmbH oder AG) wegen der Beschränkung der Haftung auf das eingelegte Kapital deutlich geringer ist, als bei der unbeschränkten persönlichen Haftung als Einzelunternehmer oder Personengesellschafter. Dafür wird das Privileg, nicht persönlich zu haften, durch hohen formalen Aufwand und zusätzliche Kosten vor allem in der Gründungsphase erkauft.
Die Wahl einer GmbH (25.000 € Mindeststammkapital) oder einer AG (50.000 € Mindesteinlage, formeller) bietet sich an, wenn das Privatvermögen vor den Geschäfts-Risiken geschützt werden soll. Sind die Risiken überschaubar und die Haftungsrisiken wie z. B. bei Freiberuflern durch eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abgesichert, empfiehlt sich der Start als Personengesellschaft (GbR; OHG, KG) oder als Einzelunternehmer.
Speziell für Freiberufler: Die Partnerschaft
Seit 1994 gibt es für die Angehörigen freier Berufe – z. B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte – eine speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Organisationsform: die Partnerschaft (PartG). Die Vorteile gegenüber BGB-Gesellschaften liegen einerseits in der Rechtsfähigkeit der Partnerschaft und andererseits in der Möglichkeit, die Haftung aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung auf den handelnden Partner zu beschränken. Bei der 2013 eingeführten Variante dieser Rechtsform, der Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB), haftet nicht einmal der Partner, der den Fehler gemacht hat, mit seinem Privatvermögen.